Betreten wir das goldene Zeitalter der Geothermie?

Blog

HeimHeim / Blog / Betreten wir das goldene Zeitalter der Geothermie?

Oct 23, 2023

Betreten wir das goldene Zeitalter der Geothermie?

Trotz ihrer Vorteile wird die Geothermie bisher nur begrenzt genutzt

Trotz ihrer Vorteile wird Geothermie im Vergleich zu fossilen Brennstoffen nur begrenzt genutzt. Erfahren Sie, wie diese erneuerbare Energiequelle auf dem Vormarsch ist und welche Vorteile sie bietet.

Mit etwa 6.000 Grad Celsius (11.000 Grad Fahrenheit) ist der Erdkern etwa so heiß wie die Sonne. Obwohl nicht vergleichbar, können selbst in 2.000 bis 5.000 Metern Tiefe unter der Erdoberfläche glühende 60 bis 200 °C herrschen, während in vulkanischen Regionen sogar die Oberflächentemperaturen 400 °C erreichen können.

Daraus ergibt sich ein großes Potenzial an Wärmeenergie. Die Kraft der sogenannten Geothermie war unseren Vorfahren nicht fremd. Im ersten Jahrhundert n. Chr. beheizten die Römer in den westdeutschen Städten, die heute als Aachen und Wiesbaden bekannt sind, ihre Häuser und Thermalbäder mit heißem Quellwasser. In Neuseeland kochten die Maori ihr Essen mithilfe der Erdwärme, und 1904 wurde im mittelitalienischen Larderello geothermische Energie zur Stromerzeugung genutzt.

Heute erzeugen rund 400 Kraftwerke in 30 Ländern Strom mit unter der Erdoberfläche erzeugtem Dampf und haben eine Gesamtleistung von 16 Gigawatt (GW).

Besonders wichtig ist diese Methode der Stromerzeugung in Vulkanregionen entlang des Pazifischen Feuerrings, darunter in den USA, Mexiko, El Salvador, Island, der Türkei, Kenia, Indonesien, den Philippinen und Neuseeland. Doch auf globaler Ebene macht Geothermie nur 0,5 % der Stromerzeugung aus.

Geothermie wird weltweit hauptsächlich zur Beheizung von Schwimmbädern, Gebäuden, Gewächshäusern und für städtische Heizsysteme genutzt. Aus bis zu 5.000 Meter tiefen Bohrlöchern wird bis zu 200 Grad Celsius heißes Wasser gepumpt. Anschließend wird die Wärme entzogen und das abgekühlte Wasser durch eine zweite Bohrung wieder eingepumpt.

Diese Methode der Wärmegewinnung ist weltweit machbar, kostengünstig und wird in Ländern ohne vulkanische Aktivität immer beliebter. Nach Einschätzungen des Renewables Global Status Report beträgt die installierte Leistung von Geothermie-Wärmekraftwerken derzeit weltweit 38 Gigawatt – mehr als das Doppelte der Leistung von Geothermiekraftwerken zur Stromerzeugung.

Bisher sind China (14 GW), die Türkei (3 GW), Island (2 GW) und Japan (2 GW) führend bei der Entwicklung tiefer Geothermie und beheizen immer mehr Stadtviertel und Gewächshäuser. In Deutschland verfügt die Stadt München über kostengünstige Erdwärmeheizung und hat sich zum Ziel gesetzt, den Sektor bis 2035 mit dieser Technologie klimaneutral zu machen.

Die Bundesregierung prüft zudem den Ausbau der Tiefengeothermie, um bis zum Jahr 2045 eine flächendeckende klimaneutrale Wärmeversorgung zu schaffen. Untersuchungen zufolge könnte die Tiefengeothermie bei einer installierten Leistung von 70 GW jährlich rund 300 Terawattstunden Wärme erzeugen – mehr als die Hälfte des künftigen Wärmebedarfs aller Gebäude.

Zunehmend wird Geothermie aber auch aus erdoberflächennahen Quellen mithilfe von Wärmepumpen genutzt. In Bohrlöchern mit einer Tiefe von nur 50 bis 400 Metern transportiert ein geschlossenes Rohrsystem Wasser von der Oberfläche in den Untergrund und dann zurück und erhitzt es auf 10 bis 20 Grad Celsius. Eine Wärmepumpe nutzt diese Energie dann, um Wasser mit einer Temperatur von 30 bis 70 Grad Celsius zu fördern wird dann zum Heizen von Gebäuden verwendet.

Forscher gehen davon aus, dass die Nutzung dieser oberflächennahen Geothermie in Deutschland ein ähnliches Heizpotenzial bietet wie die Tiefengeothermie. Allein diese beiden Technologien könnten in Deutschland künftig den gesamten Wärmebedarf von Gebäuden decken.

Nach einer Analyse von sechs deutschen Forschungsinstituten kostet die Wärmeerzeugung mit Tiefengeothermie weniger als drei Cent pro Kilowattstunde (kWh).

Vor dem russischen Angriff auf die Ukraine konnte Erdgas für viele Stadtwerke in Europa noch günstiger Wärme erzeugen. Das machte es unattraktiv, in den Bau von Tiefengeothermieanlagen zu investieren. Seit dem Einmarsch Russlands haben die stark gestiegenen Gaspreise diese Kosten jedoch auf über 12 Cent pro kWh erhöht, was die Berechnung verändert hat. Stadtwerke zeigen mittlerweile großes Interesse an der Tiefengeothermie zur Wärmeversorgung.

Nein. Der Wärmebedarf der Gebäude auf der Welt kann durch das nahezu unbegrenzte Potenzial der tiefen Geothermie und der oberflächennahen Geothermie gedeckt werden.

Für industrielle Anwendungen sind jedoch teilweise Temperaturen von über 200 Grad erforderlich, die mit der heutigen Technologie mit Geothermie in der Regel nicht erreichbar sind. Bei so hohen Temperaturen sind Heizen mit Strom, Biogas, Biomasse und grüner Wasserstoff die klimafreundlichen Alternativen.

Insbesondere die Öl- und Gasindustrie hat im vergangenen Jahrhundert umfangreiche Kenntnisse über den Untergrund der Erde, über Bohrtechniken und die Ausbildung von Personal gesammelt und hochentwickelte Technologien entwickelt. Professor Rolf Bracke, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Energieinfrastruktur und Geothermie (IEG), sagte der DW, er sei zuversichtlich, dass die Geothermie rasch ausgebaut werden könne, „wenn die Öl- und Gasindustrie ihr Augenmerk auf die Geothermie richtet“.

Aber er sagt, wenn sich diese Unternehmen weiterhin auf die Öl- und Gasförderung konzentrieren würden, weil sie dadurch mehr Geld erwirtschaften, gäbe es nicht genügend Personal und Bohrtechnologie, um die Geothermie rasch auszubauen. Laut Bracke dauert die Erschließung geothermischer Wärmequellen bei einer schnellen Genehmigung zwei bis drei Jahre, in Deutschland aufgrund bürokratischer Verzögerungen etwa dreimal länger. Die Bundesregierung will diesen Prozess nun beschleunigen und die Wärmeenergieproduktion von derzeit 1 Terawatt bis 2030 verzehnfachen.

Ja. In Regionen mit seismischer Aktivität kann Geothermie kleine Erdbeben auslösen, wenn Wasser mit zu hohem Druck in den Untergrund injiziert wird und so bestehende Spannungen auslöst. In einigen Fällen führten die Erschütterungen zu Rissen in Gebäuden und zu öffentlichem Widerstand gegen diese Technologie.

Laut Bracke gibt es keine Berichte über Erdbeben in Regionen ohne Grundbelastungen. Mittlerweile wurden auch die geothermischen Techniken verbessert: Oberflächenerschütterungen können jetzt durch niedrigere Grundwasserdrücke und ausgefeiltere Überwachungsmethoden vermieden werden.

Doch im Vergleich zur Öl-, Gas- und Kohleförderung sei Geothermie weitaus risikoärmer, betonte Bracke, und „die mit Abstand sicherste Energiequelle unserer Erde“.

Dieser Artikel wurde ursprünglich auf Deutsch verfasst.